Die Warterei oder die Ruhe vor dem Sturm

Unsere Kleine ist seit dem vergangenen Wochenende zwei Wochen alt und nachdem wir uns zuhause ein bisschen eingespielt haben, möchte ich die Gelegenheit nutzen, nochmal die letzten Tage und Wochen vor der Entbindung Revue passieren zu lassen.

Wir haben den errechneten Termin für Ende Juli genannt bekommen. Darauf hatten wir uns eingestellt. Uns ist bzw. war auch bewusst, dass nur etwa 4% aller Kinder überhaupt am kalkulierten Termin kommen und es gerade bei Erstgeborenen eher später als früher der Fall ist. Dennoch war unsere Frauenärztin der felsenfesten Überzeugung, dass unsere Tochter vor dem Termin kommen würde. So hatten wir mehrfach die Verabschiedung bei den Kontrollterminen, dass man sich schwanger ja nicht mehr sehen würde, sondern das nächste Mal mit Kind. Mehrere Male begrüßte sie uns dann überrascht mit: „Sie sind ja immer noch da!“

Es ist schon verrückt, wie schnell und gleichermaßen wie langsam Zeit vergeht: Neun Monate Schwangerschaft vergehen wie im Flug, man fiebert dem Entbindungstermin entgegen, möchte selbst das Kind halten und spüren, anstatt nur durch die Bauchdecke Tritte oder Schluckauf ertasten. Gerade für mich zogen sich aber die Tage zum Schluss wirklich hin.

Womit haben wir uns also die Zeit des Mutterschutzes vertrieben?

  • Meine Frau hatte sich schon frühzeitig bei den beiden für uns in Frage kommenden Krankenhäusern angemeldet. Die Unterlagen und Fragebögen waren ausgefüllt, und im Nachhinein kann ich sagen, dass wir vergleichsweise wenig Stress hatten, als es dann wirklich losging. Außerdem war ich froh, dass ich während der Entbindung bei meiner Frau sein konnte und wirklich nur noch die letzten Details in diversen Aufnahmeformularen eintragen, aber nicht die kompletten Fragebogen ausfüllen musste. Meine Frau hätte dafür zwischen den Wehen auch nur bedingt den Kopf gehabt. Daher unser Tipp: Nutzt die Zeit bevor es los geht insbesondere um solche bürokratischen Angelegenheiten zu klären.

  • Die Kliniktasche: Spätestens wenn der Termin in greifbare Nähe rückt, also 1-2 Wochen vorher, sollte die Tasche gepackt sein. Wir hatten im Endeffekt auch zu viel eingepackt, aber besser als zu wenig. Gerade für den Nachwuchs müsst ihr im Grunde nur eine Garnitur einpacken (Body, Mützchen, evtl. Decke für die Babyschale), da alles andere wie Windeln, Bodies usw. für den Aufenthalt seitens der Geburtstation gestellt werden. Meine Frau hatte zudem Tupperdosen mit Obst und ein paar Snacks eingepackt. Gerade wenn die Wartezeit, bis es dann wirklich, wirklich losgeht sich etwas zieht bzw. nach der Entbindung der Schlafrhythmus ein neuer ist (und im Krankenhaus der Abstand zwischen Abendessen und Frühstück seeeehr lang werden kann), seid ihr froh um jede Stärkung. In die Kliniktasche solltet ihr auch die Unterlagen packen, die ihr für die Anmeldung eures Nachwuchses beim Standesamt  braucht. Da hier die Anforderungen wohl bundesländerspezifisch sind (wir wohnen in Rheinland-Pfalz, haben aber in Hessen entbunden), erkundigt euch am besten vorher über die benötigten Dokumente. Mit dem Stammbuch und eueren Ausweisdokumenten seid ihr in der Regel aber schon einmal gut aufgestellt.

  • Probefahrt zum Krankenhaus: Ja, es gibt Navigationssysteme und man kennt die Strecke vielleicht schon (grob). Aber sicher ist sicher. Für uns gab es mehrere Routen zum Krankenhaus und so sind wir die verschiedenen Alternativen über Landstraße und Autobahn im Vorhinein gefahren, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, was der sinnvollste Weg sein könnte. „Sinnvoll“ kann je nach Situation etwas anderes bedeuten, z.B. kürzer, weniger Schlaglöcher, geringere Staugefahr usw. Für mich war das auch dahingehend praktisch, als dass ich hier quasi „zugezogen“ bin und sich die Strecke für mich besser eingeprägt hat. So musste ich mich neben dem Straßenverkehr und meiner in den Wehen liegenden Frau nicht auch noch groß auf die Navigation als solche konzentrieren.

  • Wir sind die Unterlagen aus dem Geburtsvorbereitungskurs noch einmal durchgegangen. Haben wir alles verstanden? Sind da noch Fragen, die wir im Vorfeld klären müssen? Meine Frau hat mit mir darüber hinaus die für sie (nicht) in Frage kommenden Geburtspositionen besprochen und mir weitere Dinge, wie z.B. die Bitte um Herausgabe des Geburtsprotokolls, welche Medikamente für sie (nicht)  in Ordnung sind usw., erläutert, sodass ich im Ernstfall in ihrem Sinne handeln konnte.

  • Passend dazu: Es gibt zig Schwangerschafts-Ratgeber (auch für Männer).  Ich habe von meiner Mutter das Schwangerschaftsbuch für Männer (erschienen bei Coppenrath) geschenkt bekommen. Zwar habe ich die letzten Seiten zugegebenermaßen erst im Kreißsaal fertig gelesen, da man sich in der Vorbereitung aber sowieso hauptsächlich auf die Entbindung als solche konzentriert, macht es auch Sinn, schon mal einen Blick auf die 2-4 Wochen danach zu werfen. Dazu fand ich das Buch artgerecht von Nicola Schmidt, erschienen im Kösel Verlag, sehr hilfreich. Man könnte hier jetzt einen Amazon-Link reinpacken, aber der Buchhandel um die Ecke freut sich sicherlich auch, eines oder beide Bücher für euch zu besorgen.

Coppenrath - Schwangerschaftsbuch für Männer Koesel Artgerecht von Nicola Schmidt

Ansonsten kann ich jedem nur empfehlen, die Zeit, die man noch zu zweit ist, dafür zu nutzen, etwas für sich zu tun. Geht ins Kino oder seht euch einen Film an, denn ohne Unterbrechung ist das nach der Geburt nämlich erst einmal passé. Gleiches gilt für alle ähnlichen Aktivitäten, die 45-60 Minuten am Stück überschreiten. Genießt auch den Schlaf, denn euer Alltag wird auf eine bezaubernde Art und Weise auf den Kopf gestellt werden.

Ich habe mich gerade am Wochenende vor dem kalkulierten Termin und die ersten Tage danach sehr an die Weihnachtszeit meiner Jugend erinnert. Man wartet darauf, dass es Abend wird und dass die Bescherung endlich beginnt und die Stunden ab dem späten Frühstück oder Mittagessen bis dahin ziehen sich ungemein in die Länge. Man hat auch nicht die gleichen Möglichkeit zum Zeitvertreib wie sonst und hier war es ähnlich: Es hätte ja jederzeit losgehen können. Ich bin auch jedes Mal aufgeschreckt, wenn mich meine Frau darum gebeten hat, die Uhr im Blick zu behalten. Mal wollte sie die Dauer ihrer Übungswehen beobachten, mal sollte ich einfach nur der Timer für den Tee stellen.

Als es dann wirklich soweit war, am Samstag vor zwei Wochen, war es nicht hektisch, aber es ging schon zügig voran. Morgens machten sich die ersten richtigen Wehen bemerkbar, über Mittag wurden diese dann regelmäßiger und intensiver. Ein kurzer Anruf im Krankenhaus zur Anmeldung folgte und wenig später waren wir dann unterwegs nach Limburg. Zwischen der Aufnahme und der Entbindung lagen dann gerade einmal etwas mehr als 7 Stunden, die zwar anstrengend waren, aber sich nicht gezogen haben. Und  als wir dann kurz vor Mitternacht die Kleine im Arm hatten, hat sich eines wieder klar gezeigt: Zeit ist relativ.

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